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Helene Bukowski

Portrait der Schriftstellerin Helene Bukowski
Photo credit Rabea Edel

»Es ist doch verrückt, die Landschaft, die wir gerettet haben, verrät uns.«

Die Autorin Helene Bukowski studierte Literarisches Schreiben und Lektorieren in Hildesheim und publizierte in dieser Zeit in diversen Anthologien und Zeitschriften (u.a. BELLA triste). Zudem ist sie Co-Autorin des Dokumentarfilms "10 Wochen Sommer", für den sie 2015 den Grimme Sonderpreis Kultur gewann. Im Frühjahr 2019 legte sie ihr Debüt "Milchzähne" vor, das vom Überleben einer Mutter mit ihrer Tochter in einem dystopischen Klimawandelszenario erzählt.

»Erst gab es ein paar Tage mit einem wolkenlosen Himmel. Dann Wochen, Monate. Der Nebel verlor an Dichte. Er franste aus und hing nur noch am frühen Morgen und Abend in den Wiesen. Gespenstisch waren auch die Büsche und Bäume. Obwohl es nicht regnete, blühten sie oft, aber Früchte trugen sie ja nicht mehr. Die ganze Landschaft begann, in der Hitze zu flimmern. Es gab immer mehr Insekten. Unsere eigenen Tiere starben. Wir fanden nicht heraus, warum. Die toten Kühe, Schweine und Pferde verbrannten auf offenem Feld. Zum Glück haben unsere Hühner überlebt. Es ist doch verrückt, die Landschaft, die wir gerettet haben, verrät uns. Aber damals wollten wir das natürlich nicht wahrhaben.«

(Aus: Helene Bukowski: Milchzähne, Blumenbar Verlag 2019)

Ort, Zeit und der Zustand der Zivilisation sind in Helene Bukowskis Roman nicht exakt im geografischen Sinn bezeichnet. Eine nicht näher zu bestimmende Umweltkatastrophe hat sich ereignet, und auf einem abgegrenzten Areal hat sich eine überlebende Selbstversorgergemeinschaft etabliert, die mit einer bedrohlichen Umwelt zu kämpfen hat: Entweder lähmt die sengende Hitze den abgeschotteten Lebensraum der Protagonist*innen oder ein kalter, düsterer Nebel macht jede Hoffnung darauf zunichte, dem harten Leben in der ländlichen Tristesse zu entkommen. In dieser post-katastrophischen Landschaft wird die Beziehung der isoliert lebenden Edith zu ihrer Tochter Skalde auf die Probe gestellt. Aber wirkliche Gefahr droht von den ökofaschistisch anmutenden Kreisen der Nachbar*innen, die in dem Mädchen mit den Milchzähnen eine Fremde ausgemacht haben. Bukowski verknüpft klimatische Bedingungen und soziale Spannungen zu einer unheilvollen Einheit, programmatisch vorbereitet von dem dem Roman vorangestellten Zitat Joan Didions: „don’t you think people are formed by the landscape they grow up in?"